Aufklärungsfehler

Aufklärung: Auch Ärzte sind Menschen

Auch Ärzte sind Menschen
Zusammenfassung: Die Rechtsprechung stellt dieselben Anforderungen an die Aufklärung eines Arzt-Patienten, wie an die Aufklärung medizinischer Laien. Nur wenn der Arzt aus dem Fachgebiet stammt, in das der bei ihm vorzunehmende Eingriff fällt, kann es Ausnahmen geben, oder wenn der Eingriff ein einfacher Routineeingriff ist, dessen Zweck, Durchführung und Risiko ein erfahrener Mediziner positiv kennt. Bei unerfahrenen Medizinern gilt dies nicht. Auch der informierte Patient ist nicht gehalten, sich alle Informationen über den an ihm vorzunehmenden Eingriff und dessen Alternativen selbst zu beschaffen.


Aufklärung.
Wirksam einwilligen kann nur derjenige Patient, der abschätzen kann, worin er einwilligen soll. Daher muss eine entsprechende Aufklärung vorausgehen.
•Sie ist formfrei, bedarf daher keiner Unterschrift des Patienten.
•Sie muss nicht technische Einzelheiten umfassen, in „groben Zügen“ genügt (wenn keine technischen Alternativen mit unterschiedlichen Risiken und Chancen bestehen).
•Sie hat so rechtzeitig zu erfolgen, dass dem Patienten noch eine echte Chance bleibt, sich mit seinen Angehörigen zu besprechen, einen anderen Arzt zu konsultieren und auch „Nein“ zu sagen.
•Sie muss dem Patienten zudem mit dem Eingriff einhergehende typische Risiken nennen, auch wenn diese äußerst selten sind.
•Sie muss Behandlungsalternativen offenbaren


Gilt dies auch für einen Mediziner als Patient ?
Kennt der Patient-Arzt seine Erkrankung, und kennt er, wie sein behandelnder Arzt, die mit der möglichen Therapie verbundenen Risiken im Einzelnen, dann kann eine ansonsten angezeigte Aufklärung i.d.R. entfallen, zumindest stark eingeschränkt werden. Dies trifft aber nur auf einen berufserfahrenen Fach-Kollegen zu. Handelt es sich beim Patienten jedoch um keinen Fach-Kollegen, sondern lediglich um einen medizinischen Kollegen, dann kann und darf der behandelnde Arzt sein Spezialwissen beim erkrankten Arzt nicht voraussetzen. Selbst dann nicht, wenn das Risiko des Eingriffs etwa in der allgemeinen medizinischen Ausbildung Gegenstand der Vorlesung oder ärztlichen Prüfung war bzw. ist.


Rechtsprechung:




  • • Landgericht Duisburg, Urteil vom 24.11.1983 (Az.: 9O 239/81),ein kurz vor dem Abschluss stehender Medizinstudent muss über das Risiko der Verletzung des Nervus accessorius im Rahmen einer Lymphknotenexstirpation vom Arzt unbedingt unterrichtet werden.
  • • Landgericht Hannover Urteil vom 4.2.1981, (Az.: 11 S 244/80) ein Zahnarzt hat einem Humanmedizinstudenten (im 8. Semester) gegenüber neben der vorgeschlagenen Extraktion eines Zahnes auch die Alternative einer Wurzelspitzenresektion zu erwähnen.
  • . OLG Düsseldorf (Urteil vom 28.7.1988 – 8 U 216/86: • Ein krankheitserfahrener Endoskopiepfleger mit erheblichen beruflichen Erfahrungen muss bei einer Leberblindpunktion und einer Laparoskopie über den Hinweis der Gefahr einer inneren Blutung hinaus nicht auch noch über alle denkbaren Risiken einer Laparoskopie aufgeklärt werden.
  • .Frankfurt (OLG Frankfurt) Entscheidung vom: 12.03.2009 Aktenzeichen: 15 U 18/08 Ein Arzt im Praktikum ist nicht gehalten , sich Informationen über Risiken und etwaige andere Behandlungsmöglichkeiten eines Eingriffs zu beschaffen
Aus dem Urteil: Den Beklagten zu 2 ) kann es entgegen der Meinung des Landgerichts nicht entlasten , dass der Kläger , der damals Arzt im Praktikum war , gewusst habe oder jedenfalls hätten wissen können , dass keine zwingende Indikation zur Operation vorlag und deshalb auch eine konservative Therapie in Betracht kam , zumal die Operation nicht notfallmäßig durchgeführt wurde , und er selbst den Operationstermin um einen Tag verschob . Zwar muss ein Patient , der aus eigenem medizinischem Vorwissen bereits ein hinreichendes Bild von dem Eingriff hat und deshalb sein Selbstbestimmungsrecht wahrnehmen kann , nicht mehr über das aufgeklärt werden , was er bereits weiß ( vgl . OLG Hamm VersR 1998 , 322 für einen Chirurgen und Allgemeinmediziner als Patient ; OLG Celle VersR 2004 , 384 für einen Patienten mit Vorwissen aus einem vergleichbarem Fall ; Martis / Winkhart , Arzthaftungsrecht , Fallgruppenkommentar ,. 2 . Auflage , Seite 225 m . w . N .). Eine positive Kenntnis des Klägers von der ernsthaft in Betracht kommenden konservativen Behandlung hat das Landgericht nicht festgestellt .
Auch ein informierter Patient ist nicht gehalten , sich Informationen über Risiken und etwaige andere Behandlungsmöglichkeiten eines Eingriffs zu beschaffen . Es ist Aufgabe des Arztes , der den Eingriff vornimmt und damit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine tatbestandsmäßige Körperverletzung begeht , sich einer wirksamen Einwilligung des Patienten zu versichern . Das gilt auch gegenüber einem fachlich gebildeten Patienten , es sei denn es liegt auf der Hand oder es ist dem aufklärungspflichtigem Arzt bekannt , dass der Patient die Kenntnisse besitzt . Bei einem Arzt im Praktikum in einer anderen Fachrichtung kann davon nicht ohne weiteres ausgegangen werden
Lässt sich nicht feststellen , dass der Kläger die erforderliche Kenntnis selbst besaß , war er auch als Arzt im Praktikum nicht gehalten , sich die medizinischen Kenntnisse durch die Lektüre von Fachliteratur selbst zu verschaffen . Deshalb kann dahinstehen , ob er in der konkreten Situation hierzu überhaupt in der Lage war . Nach allem war die Einwilligung des Klägers in die Operation .... unbeachtlich , weil sie nicht von einer hinreichenden Risikoaufklärung durch den Beklagten zu 2 ) getragen war .